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In diesem Themenfeld finden Sie zwei Experimente zu den Struktur-Eigenschaftsbeziehungen von amphiphilen Molekülen:

  1. Benetzung von Baumwolle
  2. Wollfaden auf der Wasseroberfläche

Die beiden Experimente können alternativ zu einander oder nacheinander durchgeführt werden. Bitte beachten Sie die Anmerkungen zur Deutung der Experimente.

Benetzung von Baumwolle

Dieses Experiment ermöglicht die unterrichtliche Einführung bzw. Wiederholung der Begriffe hydrophil und hydrophob. Die Baumwolle kann dabei didaktisch reduziert als hydrophob betrachtet, oder alternativ die Benetzbarkeit glatter und rauer Oberflächen thematisiert werden.

 

Geräte und Chemikalien:
Sauberes Baumwollstück (z. B. Geschirrtuch), 2 Bechergläser, Glasrührstab, 2 Pasteurpipetten, Wasser, Spülmittel.

Versuchsdurchführung:
Auf einem Baumwollstück werden vorsichtig je ein Tropfen Wasser und ein Tropfen Spülmittellösung platziert und die Tropfenform beobachtet.

Beobachtung:
Der Wassertropfen liegt nahezu rund auf dem Baumwolltuch auf, während der Tropfen der Spülmittellösung deutlich flacher aufliegt und schnell in das Tuch einzieht (vgl. Abbildung).

 

Beobachtung des Experiments "Benetzung von Baumwolle". Teilabbildung A: Nahezu runder Wassertropfen auf einem Baumwolltuch. Teilabbildung B: Nasser Fleck auf einem Baumwolltuch

Abbildung: Ein Wassertropfen (A) sowie ein Tropfen einer Spülmittellösungen auf einem Baumwolltuch (B).

 

Deutung:
Baumwollfasern bestehen zum größten Teil aus Celluloseketten, die aufgrund zahlreicher Hydroxylgruppen hydrophile Eigenschaften besitzt. Die unverzweigten Ketten bilden intermolekulare Wasserstoffbrückenbindungen aus, die für die Reißfestigkeit der Fasern verantwortlich sind. Die unregelmäßige Struktur der Fasern sorgt beim Auftragen eines Wassertropfens für Lufteinschlüsse zwischen Faser und Tropfen, die für eine schlechtere Benetzbarkeit der Baumwollfasern trotz ihrer prinzipiell hydrophilen Eigenschaften sorgen. Die Tensidmoleküle des zweiten Tropfens setzen die Grenzflächenspannung zwischen den Lufteinschlüssen und dem Wasser herab, so dass der Tropfen in die Baumwolle einziehen kann.

Anmerkungen zur Deutung:
Bitte beachten Sie die Anmerkungen zur Deutung der Experimente im separten Beitrag.

 

Litertaur:

  • Schmidkunz, H., & Rentsch, W. (2011). Chemische Freihandversuche (Band 1). Köln: Aulis.
  • von Hoff, E. (2020). Entwicklung und Evaluation von Konzepten und Formaten zum Wissenstransfer von der Forschung in die Schule und Öffentlichkeit - Am Beispiel des SFB 803 (Dissertation). Georg-August-Universität Göttingen, Göttingen. Abrufbar unter http://hdl.handle.net/21.11130/00-1735-0000-0005-14C7-4.

Wollfaden auf der Wasseroberfläche

Alternativ zu Experiment 1.2a kann dieser Versuch zusätzlich auch auf Bildungsmessen eingesetzt werden, da bei geringem Materialverbrauch die Benetzbarkeit von Wollfäden wiederholt betrachtet werden kann.

 

Geräte und Chemikalien:
2 Bechergläser, Glasrührstab, Wollfaden, Wasser, Spülmittel.

Versuchsdurchführung:
Zwei Bechergläser werden zur Hälfte mit Wasser befüllt und eine Lösung mit etwas Spülmittel versetzt. Anschließend wird gleichzeitig jeweils ein kurzer Wollfaden auf den Oberflächen der Lösungen platziert.

Beobachtung:
Die Wollfäden bleiben zunächst auf den Oberflächen der Lösungen liegen. Nach kurzer Zeit sinkt der Wollfaden auf der Spülmittellösung zu Boden, während der andere Faden auf der Wasseroberfläche verbleibt (s. Abbildung).

 

Beobachtung zum Experiment "Wollfaden auf der Wasseroberfläche". Teilabbildung A: Der Wollfaden in dem Becherglas ohne Spülmittel schwimmt auf der Wasseroberfläche. Teilabbildung B: Der Wollfaden in dem Becherglas mit Spülmittel sinkt zu Boden.

Abbildung: Ein Wollfaden bleibt auf einer Wasseroberfläche liegen (A), während er von einer Tensidlösung benetzt wird und langsam zu Boden sinkt (B).

 

Deutung:
Ähnlich wie die Cellulose der Baumwolle besitzt das in Wolle enthaltene Keratin hydrophile Eigenschaften. Jedoch ist auch hier aufgrund der Lufteinschlüsse zwischen Faser und Wasser die Benetzung der Fasern durch das Wasser gering. Die Zugabe von Tensiden verringert die Grenzflächenspannung zwischen Wasser und Luft, so dass der Faden vollständig benetzt werden kann und zu Boden sinkt.

Anmerkungen zur Deutung:
Bitte beachten Sie die Anmerkungen zur Deutung der Experimente im separten Beitrag.

 

Litertaur:

  • Schmidkunz, H., Rentzsch, W., & Kunze-Snigula, H. (2011). Chemische Freihandversuche (Band 2) - Kleine Versuche mit großer Wirkung (1. Auflage). Seelze: Aulis.
  • von Hoff, E. (2020). Entwicklung und Evaluation von Konzepten und Formaten zum Wissenstransfer von der Forschung in die Schule und Öffentlichkeit - Am Beispiel des SFB 803 (Dissertation). Georg-August-Universität Göttingen, Göttingen. Abrufbar unter http://hdl.handle.net/21.11130/00-1735-0000-0005-14C7-4.

Anmerkungen zur Deutung der Experimente

Folgende Anmerkungen sollten bei der Auswertung der Versuche Benetzung von Baumwolle und Wollfaden auf der Wasseroberfläche beachtet werden.

Im Vergleich zu Wassermolekülen innerhalb eines Tropfens befinden sich die Moleküle an der Oberfläche in einem energetisch ungünstigen Zustand, weshalb eine Minimierung der Oberfläche angestrebt wird. Da Kugeln bei gleichbleibender Masse die geometrische Form mit der geringsten Oberfläche darstellen, bilden sich in der Gasphase nahezu runde Wassertropfen. Kommen die Tropfen mit einer festen Phase in Kontakt, dann treten die Wassermoleküle neben der Gasphase auch mit der festen Phase in Wechselwirkung. Der Grad der Benetzung der festen Oberfläche, hängt dabei zum einen von der Art der Wechselwirkungen, zum anderen von der Beschaffenheit der Oberfläche ab. Starke anziehende Wechselwirkungen zwischen den Wassermolekülen und der festen Phase, wie beispielsweise die Ausbildung von Wasserstoffbrückenbindungen, führen zu einer flachen Tropfenform und einer stärkeren Benetzung der Oberfläche. Bei schwachen Wechselwirkungen ist es hingegen für die Wassermoleküle energetisch günstiger, die Kontaktfläche mit der festen Phase und gleichzeitig auch die Oberfläche des Tropfens möglichst gering zu halten (siehe Abbildung). Entsprechend ihrer Wechselwirkungen mit Wasser werden die Oberflächen als hydrophil oder hydrophob bezeichnet, wobei das Maß der Benetzung mithilfe des Kontaktwinkels θ beschrieben wird.

 

Schematische Darstellung der Benetzung einer hydrophoben (A) sowie einer hydrophilen Oberfläche (B) durch einen Wassertropfen.

Abbildung: Schematische Darstellung der Benetzung einer hydrophoben (A) sowie einer hydrophilen Oberfläche (B) durch einen Wassertropfen.

 

Neben den Wechselwirkungen der festen Phase spielt auch die Beschaffenheit ihrer Oberfläche eine Rolle. Raue Oberflächen lassen Lufteinschlüsse zwischen der flüssigen und der festen Phase zu, so dass neben den flüssig-festen auch flüssig-gasförmige Phasengrenzen vorliegen (Abbildung 21A). Dadurch wird makroskopisch die hydrophile Eigenschaft der Oberfläche herabgesetzt. Tenside können die Benetzbarkeit von Oberflächen erhöhen, indem ihre hydrophilen Anteile Wechselwirkungen mit den Wassermolekülen und ihre hydrophoben Anteile Wechselwirkungen sowohl mit der festen (im Falle hydrophober glatter Oberflächen), als auch der gasförmigen Phase eingehen (siehe Abbildung B).

 

Die Benetzbarkeit einer rauen hydrophilen Oberfläche kann durch Lufteinschlüsse (A) herabgesetzt werden. Die Zugabe von Tensiden führt hingegen zu einer Erhöhung der Benetzbarkeit (B).

Abbildung: Die Benetzbarkeit einer rauen hydrophilen Oberfläche kann durch Lufteinschlüsse (A) herabgesetzt werden. Die Zugabe von Tensiden führt hingegen zu einer Erhöhung der Benetzbarkeit (B).

 

Die hier verwendeten Woll- und Baumwollfasern sind eigentlich nur bedingt für die Betrachtung der Netzwirkung von Tensiden geeignet, da die Fasern auf makroskopischer Ebene hydrophobe Eigenschaften besitzen, die allein mit der Molekülstruktur nicht erklärt werden können. Vor dem Hintergrund, dass die Netzwirkung der Tenside jedoch eine wichtige Rolle in Waschprozessen spielt, ermöglichen es die Fasern, einen relevanten Bezug zur Lebenswelt der SuS herzustellen. Entsprechend ist es möglich die Fasern als eher hydrophob zu betrachten und ggf. in Bezug auf ihre Molekülstruktur auf den Einfluss von Lufteinschlüssen hinzuweisen. In diesem Zusammenhang können Tenside von den SuS als Teilchen verstanden werden, die sowohl mit der festen hydrophoben, als auch mit der flüssigen hydrophilen Phase wechselwirken und somit eine vollständige Benetzung der Fasern ermöglichen.

 

Literatur:

  • von Hoff, E. (2020). Entwicklung und Evaluation von Konzepten und Formaten zum Wissenstransfer von der Forschung in die Schule und Öffentlichkeit - Am Beispiel des SFB 803 (Dissertation). Georg-August-Universität Göttingen, Göttingen. Abrufbar unter http://hdl.handle.net/21.11130/00-1735-0000-0005-14C7-4.