Anmerkungen zur Deutung der Experimente

Folgende Anmerkungen sollten bei der Auswertung der Versuche Benetzung von Baumwolle und Wollfaden auf der Wasseroberfläche beachtet werden.

Im Vergleich zu Wassermolekülen innerhalb eines Tropfens befinden sich die Moleküle an der Oberfläche in einem energetisch ungünstigen Zustand, weshalb eine Minimierung der Oberfläche angestrebt wird. Da Kugeln bei gleichbleibender Masse die geometrische Form mit der geringsten Oberfläche darstellen, bilden sich in der Gasphase nahezu runde Wassertropfen. Kommen die Tropfen mit einer festen Phase in Kontakt, dann treten die Wassermoleküle neben der Gasphase auch mit der festen Phase in Wechselwirkung. Der Grad der Benetzung der festen Oberfläche, hängt dabei zum einen von der Art der Wechselwirkungen, zum anderen von der Beschaffenheit der Oberfläche ab. Starke anziehende Wechselwirkungen zwischen den Wassermolekülen und der festen Phase, wie beispielsweise die Ausbildung von Wasserstoffbrückenbindungen, führen zu einer flachen Tropfenform und einer stärkeren Benetzung der Oberfläche. Bei schwachen Wechselwirkungen ist es hingegen für die Wassermoleküle energetisch günstiger, die Kontaktfläche mit der festen Phase und gleichzeitig auch die Oberfläche des Tropfens möglichst gering zu halten (siehe Abbildung). Entsprechend ihrer Wechselwirkungen mit Wasser werden die Oberflächen als hydrophil oder hydrophob bezeichnet, wobei das Maß der Benetzung mithilfe des Kontaktwinkels θ beschrieben wird.

 

Schematische Darstellung der Benetzung einer hydrophoben (A) sowie einer hydrophilen Oberfläche (B) durch einen Wassertropfen.

Abbildung: Schematische Darstellung der Benetzung einer hydrophoben (A) sowie einer hydrophilen Oberfläche (B) durch einen Wassertropfen.

 

Neben den Wechselwirkungen der festen Phase spielt auch die Beschaffenheit ihrer Oberfläche eine Rolle. Raue Oberflächen lassen Lufteinschlüsse zwischen der flüssigen und der festen Phase zu, so dass neben den flüssig-festen auch flüssig-gasförmige Phasengrenzen vorliegen (Abbildung 21A). Dadurch wird makroskopisch die hydrophile Eigenschaft der Oberfläche herabgesetzt. Tenside können die Benetzbarkeit von Oberflächen erhöhen, indem ihre hydrophilen Anteile Wechselwirkungen mit den Wassermolekülen und ihre hydrophoben Anteile Wechselwirkungen sowohl mit der festen (im Falle hydrophober glatter Oberflächen), als auch der gasförmigen Phase eingehen (siehe Abbildung B).

 

Die Benetzbarkeit einer rauen hydrophilen Oberfläche kann durch Lufteinschlüsse (A) herabgesetzt werden. Die Zugabe von Tensiden führt hingegen zu einer Erhöhung der Benetzbarkeit (B).

Abbildung: Die Benetzbarkeit einer rauen hydrophilen Oberfläche kann durch Lufteinschlüsse (A) herabgesetzt werden. Die Zugabe von Tensiden führt hingegen zu einer Erhöhung der Benetzbarkeit (B).

 

Die hier verwendeten Woll- und Baumwollfasern sind eigentlich nur bedingt für die Betrachtung der Netzwirkung von Tensiden geeignet, da die Fasern auf makroskopischer Ebene hydrophobe Eigenschaften besitzen, die allein mit der Molekülstruktur nicht erklärt werden können. Vor dem Hintergrund, dass die Netzwirkung der Tenside jedoch eine wichtige Rolle in Waschprozessen spielt, ermöglichen es die Fasern, einen relevanten Bezug zur Lebenswelt der SuS herzustellen. Entsprechend ist es möglich die Fasern als eher hydrophob zu betrachten und ggf. in Bezug auf ihre Molekülstruktur auf den Einfluss von Lufteinschlüssen hinzuweisen. In diesem Zusammenhang können Tenside von den SuS als Teilchen verstanden werden, die sowohl mit der festen hydrophoben, als auch mit der flüssigen hydrophilen Phase wechselwirken und somit eine vollständige Benetzung der Fasern ermöglichen.

 

Literatur:

  • von Hoff, E. (2020). Entwicklung und Evaluation von Konzepten und Formaten zum Wissenstransfer von der Forschung in die Schule und Öffentlichkeit - Am Beispiel des SFB 803 (Dissertation). Georg-August-Universität Göttingen, Göttingen. Abrufbar unter http://hdl.handle.net/21.11130/00-1735-0000-0005-14C7-4.