Anmerkungen zur Deutung der Experimente

Folgende Anmerkungen sollten bei der Auswertung der Versuche Exocytose und Gehinderte Exocytose beachtet werden.

Bei der Erregungsübertragung im Nervensystem spielt insbesondere der Transportmechanismus der Exocytose eine wichtige Rolle. Nervenzellen bestehen aus einem System weitverzweigter Dendriten, von denen aus Aktionspotenziale über das Axon zu den präsynaptischen Endigungen geleitet werden. Diese Endigungen bilden wiederum mit den Dendriten anderer Nervenzellen sogenannte Synapsen, über die die Potentiale von einer Nervenzelle zur nächsten übertragen werden.  

An chemischen Synapsen erfolgt die Weiterleitung solcher Signale über die Ausschüttung von Neurotransmittern, wie z. B. Acetylcholin, die in kleinen Membranbläschen, den Vesikeln, aufbewahrt sind. Erreicht ein Aktionspotential eine präsynaptische Endigung, werden spannungsabhängige Calciumkanäle geöffnet, so dass sich die Calciumionenkonzentration im Inneren der Endigung erhöht. Diese erhöhte Konzentration fördert die Bildung sogenannter SNARE-Komplexe – Proteinkomplexe zwischen Membranproteinen der präsynaptischen Endigung und der neurotransmittergefüllten Vesikel – die zu einer Fusion der beiden Membranen und der Ausschüttung der Neurotransmitter führen. Diese Neurotransmitter gelangen über den synaptischen Spalt zur postsynaptischen Region der Dendriten weiterer Nervenzellen, wo sie als Rezeptoren für Ionenkanäle dienen, deren Öffnung ein Aktionspotential in der nächsten Nervenzelle auslöst (siehe Abbildung B).

 

Synapse Vesikel

Abbildung: Vergleich des Modellexperiments zur Exocytose (A) mit der schematische Darstellung der Ausschüttung von Neurotransmittern durch Exocytose am synaptischen Spalt (B).

 

Das Experiment Exocytose stellt ein Modell für die Ausschüttung von Neurotransmittern in den synaptischen Spalt dar. Dabei stellen die verschiedenen Phasen von oben nach unten gesehen die Präsynapse, die präsynaptische Membran und den synaptischen Spalt dar. Die Antiblasen dienen als Modelle für Vesikel, die mit einer gefärbten Lösung (= Neurotransmitter) gefüllt sind. Nur wenn die Antiblasen sich beim Platzen an der unteren Grenze der blau angefärbten Phase befinden, geben sie ihren Inhalt in die unterste Phase, also in den synaptischen Spalt ab. Lediglich die Anlagerung an die Membran der präsynaptischen Endigung ermöglicht also eine Ausschüttung des Neurotransmitters in den synaptischen Spalt.

In der aktuellen Forschung, u. a. auch des SFB 803, ist insbesondere die Aufschlüsselung verschiedener Prozesse der Membranfusion, die durch SNARE-Proteine gesteuert werden, von großem Interesse. Bereits bekannt ist bspw., dass die Proteine Angriffspunkte verschiedener Toxine wie Tetanus- und Botulinumtoxin sind (Sutton et al., 1998). Letzteres wird umgangssprachlich auch als Botox bezeichnet. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass SuS ein großes Interesse an medizinischen Themen zeigen (Holstermann & Bögeholz, 2007; Milsch et al., 2018) bietet sich eine Betrachtung der Wirkweisen von Botox auf die SNARE-Proteine sowie damit einhergehend den Prozess der Exocytose an, um das aktuelle Forschungsinteresse bezüglich der SNAREs zu verdeutlichen. Das Experiment Gehinderte Exocytose bietet durch die Verwendung von farbstoffgefüllten Alginatbällchen zudem zusätzlich die Möglichkeit, das Modellexperiment zur Exocytose in Bezug auf die Wirkung von Botox zu erweitern.

 

Literatur:

  • von Hoff, E. (2020). Entwicklung und Evaluation von Konzepten und Formaten zum Wissenstransfer von der Forschung in die Schule und Öffentlichkeit - Am Beispiel des SFB 803 (Dissertation). Georg-August-Universität Göttingen, Göttingen. Abrufbar unter http://hdl.handle.net/21.11130/00-1735-0000-0005-14C7-4.
  • Sutton, R. B., Fasshauer, D., Jahn, R., & Brunger, A. T. (1998). Crystal structure of a SNARE complex involved in synaptic exocytosis at 2.4 A resolution. Nature, 395(6700), 347–353. DOI: 10.1038/26412.
  • Holstermann, N., & Bögeholz, S. (2007). Interesse von Jungen und Mädchen an naturwissenschaftlichen Themen am Ende der Sekundarstufe I. Zeitschrift Für Didaktik Der Naturwissenschaften, 13, 71–86.
  • Milsch, N., von Hoff, E., Mey, I., & Waitz, T. (2018). Zum Interesse von Jugendlichen an Science Outreach Projekten. In C. Maurer (Ed.), Qualitätsvoller Chemie- und Physikunterricht - normative und empirische Dimensionen: Gesellschaft für Didaktik der Chemie und Physik. Jahrestagung in Regensburg 2017 (pp. 625–627). Regensburg: Universität Regensburg.