Selbstorganisation von Stearinsäuremolekülen

Wurde der amphiphile Charakter von Tensiden im Unterricht noch nicht erarbeitet, kann dies am Beispiel der Selbstorganisation von Stearinsäuremolekülen an den Phasengrenzen zu Wasser bzw. zu Luft erfolgen

 

Geräte und Chemikalien:
2 Bechergläser (100 mL und 250 mL), Magnetrührer, Spatel, Glasrührstab, Pasteurpipetten, Wasserbad, Wasser, Stearinsäure (Octadecansäure), Methylenblau (GHS07).

Versuchsdurchführung:
Ein Spatel feste Stearinsäure wird in ein zur Hälfte mit Wasser gefülltes Becherglas (250 mL) gegeben und dieses solange erhitzt, bis die Stearinsäure vollständig geschmolzen ist. Die Lösung wird in einem Wasserbad abgekühlt, so dass die Stearinsäure erstarrt. Die feste Stearinsäure wird vorsichtig aus dem Becherglas entnommen, wobei sie ggf. vom Rand gelöst werden muss. In einem zweiten Becherglas werden einige Milliliter Wasser mit wenigen Kristallen Methylenblau angefärbt. Anschließend wird je ein Tropfen der Methylenblaulösung auf die Ober- und Unterseite der Stearinsäure gegeben.

Beobachtung:
Beim Erhitzen des Wassers löst sich die feste Stearinsäure und bildet eine farblose flüssige Phase über dem Wasser. Beim Abkühlen kristallisiert die Stearinsäure zu einer festen weißen Scheibe aus. Wird ein angefärbter Wassertropfen auf die Unterseite der Scheibe gegeben, so zerfließt er und besitzt einen kleinen Kontaktwinkel. Der Wassertropfen auf der Oberseite hingegen besitzt einen deutlichen größeren Kontaktwinkel (Abbildung 27A, B).

Deutung:
Bei Stearinsäure handelt es sich um eine gesättigte Fettsäure mit 18 Kohlenstoffatomen, die aufgrund ihrer Struktur amphiphile Eigenschaften besitzt. Beim Erhitzen des Wassers schmilzt die Stearinsäure und bildet eine zweite Phase oberhalb des Wassers. Die Stearinsäuremoleküle ordnen sich dabei, wie in Abbildung 27D dargestellt, an der Phasengrenze zu Wasser so an, dass ihre hydrophilen Anteile in Richtung des Wassers zeigen. An der Phasengrenze zu Luft weisen hingegen die hydrophoben Anteile nach außen. Werden die Flüssigkeiten langsam abgekühlt, erstarrt die Stearinsäure wieder, wobei die Moleküle ihre Ausrichtung beibehalten. Entsprechend weist die Unterseite hydrophile, die Oberseite hingegen hydrophobe Eigenschaften auf.

 

Angefärbter Wassertropfen auf der hydrophoben (A) bzw. hydrophilen Oberfläche der Stearinsäure (B). (C) Strukturformel der Stearinsäure, (D) Deutung auf Teilchenebene.

Abbildung: Angefärbter Wassertropfen auf der hydrophoben (A) bzw. hydrophilen Oberfläche der Stearinsäure (B). (C) Strukturformel der Stearinsäure, (D) Deutung auf Teilchenebene.

 

Anmerkungen zur Deutung:
Bitte beachten Sie die Anmerkungen zur Deutung der Experimente im separten Beitrag.

 

Literatur:

  • Schmidkunz, H., & Rentsch, W. (2011). Chemische Freihandversuche (Band 1). Köln: Aulis.
  • von Hoff, E. (2020). Entwicklung und Evaluation von Konzepten und Formaten zum Wissenstransfer von der Forschung in die Schule und Öffentlichkeit - Am Beispiel des SFB 803 (Dissertation). Georg-August-Universität Göttingen, Göttingen. Abrufbar unter http://hdl.handle.net/21.11130/00-1735-0000-0005-14C7-4.