Gehinderte Exocytose

Analog zum vorherigen Experiment stellt dieser Versuch ein Modell für die gehinderte Exocytose dar und kann beispielsweise im Kontext des Wirkmechanismus von Botulinumtoxinen eingesetzt werden.

 

Geräte und Chemikalien:
4 Bechergläser (100 mL, 250 mL, 500 mL und 1 L), großes Reagenzglas (∅ 20-30 mm), Stativmaterial, Eppendorf-Pipettenspitze (5 mL), 2 Vollpipetten (20 mL und 100 mL), Glasrührstab, Spatel, Magnetrührer mit Rührfisch, Waage, Schere, Pasteurpipette, Wasser, Spülmittel, Pyranin (GHS07), Glucose, Methylenblau (GHS07), Natriumalginat, Calciumchlorid (GHS07).

Versuchsdurchführung:
Ähnlich wie in Versuch 4.3a werden 4 Lösungen angesetzt: (1) in 1 L Wasser werden 15 g Calciumchlorid mithilfe eines Magnetrührers und im Anschluss zudem vorsichtig etwa 1 g Spülmittel mittels eines Glasrührstabs gelöst, (2) 100 mL dieser Lösung werden in ein 250 mL Becherglas überführt und mit einer Spatelspitze Methylenblau sowie 2 g Glucose versetzt, (3) in einem 500 mL Becherglas werden 32 g Glucose in 400 mL der Lösung 1 gelöst, (4) in einem 100 mL Becherglas werden 0,5 g Natriumalginat in 40 mL Wasser mithilfe eines Magnetrührers gelöst. Anschließend wird die Lösung mit einer Spatelspitze Pyranin versetzt.

Ein großes Reagenzglas wird in ein Stativ eingespannt und anschließend die Lösungen 1 bis 3 übereinandergeschichtet. Dazu werden zunächst ca. 40 mL von Lösung 1 in das Reagenzglas gefüllt und diese vorsichtig und langsam mit 10 mL der Lösung 2 unterschichtet. Anschließend werden beide Lösungen mit etwa 40 mL der Lösung 3 unterschichtet. Mit einer Schere wird die Öffnung der Pipettenspitze etwas vergrößert und diese etwa 4 cm über dem Duranglas eingespannt. Die Pipettenspitze wird mit wenigen Millilitern der Lösung 4 befüllt, so dass die Lösung in das Reagenzglas tropft und kleine Kugeln entstehen. Sollten sich stattdessen lange Fäden bilden, muss die Fallhöhe variiert werden.

Beobachtung:
Die Lösungen 1 bis 3 liegen im Reagenzglas als drei getrennte Phasen vor. Beim Zutropfen der Lösung 4 (Alginatlösung) bilden sich kleine mit Pyraninfarbstoff gefüllte Kugeln, die durch die oberste Schicht an die Phasengrenze zwischen der mittleren und der unteren Schicht sinken. Dort verweilen die Kugeln und lediglich die oberste Schicht weist eine leichte gelbe Färbung auf (Abbildung A – C).

 

(A-C) Eine farbstoffgefüllte Natriumalginatblase sinkt durch die zwei oberen Lösungen mit geringerer Dichte und verbleibt auch nach längerer Zeit an der Grenzschicht zur untersten Lösung derselben Dichte. (D) Strukturformel von Alginat, (E) schematische Darstellung des Alginatkomplexes

Abbildung: (A-C) Eine farbstoffgefüllte Natriumalginatblase sinkt durch die zwei oberen Lösungen mit geringerer Dichte und verbleibt auch nach längerer Zeit an der Grenzschicht zur untersten Lösung derselben Dichte. (D) Strukturformel von Alginat, (E) schematische Darstellung des Alginatkomplexes (Ducci, 2016).

 

Deutung:
Natriumalginat ist ein kettenförmiges Polysaccharid, das aus den Monomeren α-L-Guluronsäure und β-D-Mannuronsäure besteht. Während verknüpfte β-D-Mannuronsäuremoleküle geradlinige Ketten ausbilden, bilden α-L-Guluronsäuremoleküle geknickte Ketten aus (siehe Abbildung 47D). Beim Zutropfen der Algniatlösung zu einer Calciumchloridlösung lagern sich verschiedene Kettenabschnitte mit mehreren Guluronsäuremolekülen zusammen, wobei in den entstehenden Hohlräumen Calciumionen in einem Chelatkomplex gebunden werden (siehe Abbildung E) (Emmerichs, 2004). Um die Tropfen bildet sich so eine Gelschicht, in die die übrige Alginatlösung eingebettet ist.

Die in diesem Fall auch mit dem Farbstoff Pyranin gefüllten Alginatbällchen besitzen eine höhere Dichte als die Lösungen 1 und 2, weshalb sie an die Grenzfläche der zweiten und dritten Lösung sinken und dort verweilen. Die membranartige Gelschicht ist dabei nicht gänzlich undurchlässig für den Farbstoff, der aufgrund seiner geringeren Dichte aus den Alginatbällchen heraus in die erste Lösung diffundiert.

 

Anmerkungen zur Deutung der Experimente:
Bitte beachten Sie die Anmerkungen zur Deutung der Experimente im separten Beitrag.

 

Litertaur:

  • von Hoff, E. (2020). Entwicklung und Evaluation von Konzepten und Formaten zum Wissenstransfer von der Forschung in die Schule und Öffentlichkeit - Am Beispiel des SFB 803 (Dissertation). Georg-August-Universität Göttingen, Göttingen. Abrufbar unter http://hdl.handle.net/21.11130/00-1735-0000-0005-14C7-4.
  • Ducci, M. (2016). „Jetzt geht’s rund“ - Redoxreaktionen in Alginatbällchen. CHEMKON, 23(1), 14–18. DOI: 10.1002/ckon.201610262.
  • Emmerichs, N. (2004). Untersuchung der Wechselwirkungen von Mangan- und Calciumionen mit Alginat von Algen und von verschiedenen mucoiden Stämmen des Bakteriums Pseudomonas aeruginosa (Dissertation). Universität Duisburg-Essen, Duisburg. Abrufbar unter http://purl.oclc.org/NET/duett-08312004-103654.